Nachhilfe in philosophischer Zärtlichkeit


Das niederländische Stück “Hannah und Martin” stellt sich der altbekannnten Heidegger-Arendt-Geschichte
Nachhilfe in philosophischer Zärtlichkeit
 
 

Philosophischer Zärtlichkeit

Die junge Studentin Lineke erwartet von Professor Wolf eine Nachhilfestunde in Sachen verbotener Liebe: Wie war das damals, zwischen der 19-jährigen Hannah Arendt und ihrem 17 Jahre älteren und verheirateten Dozenten Martin Heidegger? Und während Professor Wolf (Willem de Wolf) interessierter an einem Re-Enactment des erotischen Stelldicheins wäre, will Lineke (Lineke Rijxman) den Vermischungen des Politischen mit dem Privaten nachgehen, ohne von ihrem Konterpart aufs Kreuz gelegt zu werden. Das ist die Ausgangssituation einer szenischen Verhandlung nicht nur der Liebelei unter Philosophen, sondern auch manch philosophischer Problematik. Wolf und Rijxman schlüpfen in diesem dialoglastigen Werk in und aus den Rollen, sind mal am Debattieren der ganz eigenen erotischen Anziehung, mal bei Heideggers politischen Verirrungen, dann wieder wird Arendts Gestik und Mimik spöttisch reproduziert.
Spiegelungen und Verschiebungen machen aus einem recht spröden Text ein postmodernes Vergnügen: Wolf und Rijxman spielen sich selbst, dann wieder die Professor-Studentin-Beziehung oder Heidegger und Arendt. Dezenter Musik- und Medieneinsatz stützen die Verwandlungen. Ein gelungener Abend, einzig der zwanghafte Bezug zu aktuellen Debatten, der für Rijxmans und Wolfs Theatergruppe mugmetdegoudentand (Mücke mit den goldenen Zahn) programmatisch ist, stört: Heideggers und Arendts Affäre mit Demokratiekrise, Nahrungsmittelknappheit und Naturkatastrophen, kurz: dem Wust der Welt zu koppeln, ist zu viel des Guten.