Die medialen Wellen kochen hoch angesichts des Todes eines Kindes sowie der Infektion mehrerer weiterer Säuglinge im Virchow-Klinikum der Charité in Berlin. In eigener Sache möchte ich meinen Standpunkt zu dem Geschehen darlegen.
Ich bin dort gewesen. In der Nacht von Samstag auf Sonntag musste ich mit meiner Tochter eine Nacht in einer Kinderstation (es gibt mehrere mit verschiedenen Schwerpunkten) des Virchow-Klinikums verbringen. Als mich meine Freundin anrief und mir von der aktuellen Notlage in der Neonatologie berichtete, wusste ich zunächst von nichts und informierte mich bei unserem Krankenpfleger. Der junge Mann wusste auch von nichts, klärte mich aber über die gründlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Klinikinfekten auf. Das führt direkt zu den zwei wichtigsten Punkten: Einerseits die falsche Zurückhaltung der Klinikleitung bei der Information der Öffentlichkeit, scheinbar auch des eigenen Personals. Andererseits war ich mir selbst angesichts dessen relativ sicher, dass unsere Station nicht betroffen war und sonst sofort entsprechende Maßnahmen ergriffen worden wären.
Die Charité und unsere Kinder haben ein wichtiges Stück gemeinsamer Geschichte. Meine Zwillinge wurden in der Frühgeborenenstation in Berlin Mitte behandelt, monatelang aufgepäppelt und haben sich schließlich, trotz widriger Umstände, beide zu gesunden und glücklichen Kindern entwickelt, viel mehr, als es unter solchen Umständen wahrscheinlich war. Beide wurden am Herzen operiert, meine Tochter sogar in genau dem Herzzentrum, wo nun ein Kind gestorben ist. Es hätte mein Kind sein können, und auch wenn mir bei dem Gedanken mulmig wird, so bin ich doch überzeugt, dass das Klinikpersonal alles menschenmögliche gemacht hat und weiter macht, um die Kinder zu retten.
Ich habe selbst erlebt, wie gründlich desinfiziert wird, wie unglaublich schwierig die Rettung und Pflege solch empfindlicher kleiner Wesen wie der Frühchen ist, ganz zu schweigen von einer Operation am winzigen Herzen. Noch vor 20 Jahren wären meine Kinder nicht gesund da herausgekommen, wenn überhaupt lebend. Die Medizin hat in just diesen beiden Bereichen an der Charité einen Fortschritt gemacht, der Europaweit an der Spitze liegt, wie mir von vielen Seiten versichert wurde. Mein Glück, unser Glück.
Vollkommene Sicherheit gibt es nie
Und dennoch habe ich immer wieder Lücken gesehen, wo sich Mikroben einschleichen können. Man kann sich die Hände waschen und desinfizieren, einen Mundschutz anlegen, aber wenn man nicht aufhören will, in Gegenwart des Kindes zu atmen und ihm seine elterliche Liebe zeigen will, bleibt immer ein Restrisiko. Selbst ich hätte ein Virus einschleppen können, das ich mir unwissentlich im Bus eingefangen hätte. Menschen sind keine sterilen Wesen, und ohne Menschen und nicht zuletzt deren Wärme kann kein Kind überleben.
Die derzeitigen Vorfälle sind unglaublich traurig. Es ist wichtig, sie zu untersuchen und alles zu tun, um sie zu vermeiden. Wahrscheinlich hätte die Klinikleitung damit auch anders umgehen sollen. Andererseits kann so etwas immer passieren, besonders in den Intensivstationen, in den Randbereichen von Leben und Tod. Die Art, wie Kommentatoren teilweise mit dem Finger zeigen wird in keiner Weise dem Einsatz der Ärzte und des Pflegepersonals gerecht, die Tag um Tag Menschen heilen und Leben retten.